Tipp zur Selbstführung 1. Quartal 2022
Lassen Sie Ihr Gehirn Ihre Neujahrsvorsätze umsetzen
Wie Sie 2022 mit Mentaltraining Ihre Ziele erreichen
Geahnt haben wir es schon lange, doch jetzt hat es die Hirnforschung belegt: Mit unserer Denkweise schaffen wir unsere Realität. Zu keinem anderen Zeitpunkt im Jahr ist diese Erkenntnis so wichtig
wie Anfang Januar, wenn viele am 1. mit guten Vorsätzen ins Jahr starten und (so haben Psychologen gemessen) durchschnittlich am 4. leider schon wieder im alten Trott sind. Doch dieses Jahr können
Sie etwas verändern: Hinter dem Begriff Mentaltraining verbirgt sich eine machtvolle Sammlung von Methoden, mit der Sie Ihre Ziele dieses Jahr wirklich erreichen können.
Grundlage des Mentaltrainings ist die Erkenntnis, dass unser Gehirn nicht objektiv und rational wie eine Maschine arbeitet. Im Gegenteil: Es ist ein lebendiger Organismus, der zeitlebens riesige
Mengen an Daten (Sinneseindrücke, Gedanken, Erlebnisse usw.) sammelt und diese Daten dann in Modelle (Erfahrungen, Meinungen, Werte, Erwartungen usw.) strukturiert. Jeder neue Sinneseindruck wird
anhand dieser Modelle wahrgenommen, analysiert und interpretiert. Durch den fortwährenden Modell-Realitäts-Abgleich treffen wir dann in aktuellen Situationen Entscheidungen, bilden uns Meinungen,
empfinden Freude oder Frust. Ein Beispiel: Wer in der Corona-Pandemie selbst schon eine Infektion durchgemacht hat oder die Erkrankung eines geliebten Menschen miterleben musste, der wird auf den
Abteilnachbarn im Zug mit schlechtsitzender Maske genervt oder vorwurfsvoll reagieren, während ein anderer Mitreisender das vielleicht gar nicht bemerkt oder ignorieren kann.
Gehirn versucht Zukunft vorherzusagen
Das Gehirn hilft uns mit seinen Modellen aber nicht nur beim blitzschnellen Einordnen von aktuellen Begebenheiten. Der Supercomputer in unserem Schädel versucht sogar, die Zukunft vorherzusagen.
Damit beschäftigt sich die Forschungsrichtung des „Predictive Coding“. Sie untersucht, wie Gehirne Sinneseindrücke dafür verwenden, sich vorausschauend schon eine Hypothese über zukünftig eintretende
Situationen zu bilden. Warum macht das Gehirn das? Weil eine rechtzeitige Vorhersage der Zukunft dem Menschen einen entscheidenden Vorsprung verschaffen kann, um sich in einer Gefahrensituation in
Sicherheit zu bringen.
Heutzutage sind Gefahrensituationen im Alltag glücklicherweise eher selten. Doch das Predictive Coding kann zum Verbündeten bei der Erreichung persönlicher Ziele werden. Um das zu verstehen,
müssen wir das Phänomen der selbst erfüllenden Prophezeiung beleuchten, das mit dem Predictive Coding eng verbunden ist:
- Wenn Mensch A aufgrund seiner bisherigen Lebenserfahrungen in seinem Gehirn Modelle darüber gebildet hat, wie die Welt wohl sei (z.B. gefährlich) und wie er in dieser Welt wohl am besten agieren
solle (vorsichtig, risikoscheu), dann ist das Gehirn dieses Menschen A auch darauf ausgerichtet, Beweise für die Gefährlichkeit der Welt besonders deutlich wahrzunehmen, ihnen große Bedeutung
beizumessen und weitere Beweise zur Stützung der Gefahren-Vorhersage zu erwarten. Deswegen kommt dem Menschen A sein vorsichtiges, risikoscheues Mindset (auch bekannt als Pessimismus,
Bedenkenträgerei, Minderwertigkeitsgefühle, Versagensängste, Misstrauen, Entscheidungsschwäche usw.) als natürlich und sinnvoll vor – selbst wenn es objektiv unangemessen ist und ihn z. B. in einer
bestimmten Karrieresituation („Soll ich kündigen und die verlockende Stelle in einer anderen Stadt annehmen?“) ausbremst.
- Bei Mensch B hingegen, der im Leben schon viele positive Erfahrungen mit Wagnis, Veränderung und Neubeginn gemacht hat, hat das Gehirn Modelle gebildet, wonach die Welt ein Ort voller Chancen sei
und man nach einem Misserfolg auch wieder aufstehen kann. Entsprechend lassen die Wahrnehmungsfilter von Mensch B eher Informationen ins Bewusstsein durch, die die Chancen-Modelle seines Gehirns
bestätigen. Mensch B wird daher immer wieder gute Gründe finden, neugierig zu sein, Experimente zu wagen, kalkulierte Risiken einzugehen, aus Fehlern zu lernen und sich auf Veränderungen einzulassen.
Und da mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit der, der wagt, auch gewinnt, bestätigt sich auch Gehirn B seine eigenen Zukunftsvorhersagen.
Mentaltraining beeinflusst Daten und Modell im Gehirn
Vor allem negative selbst erfüllende Prophezeiungen („kann ich nicht – habe ich noch nie versucht – darf ich nicht – steht mir nicht zu – macht andere nur neidisch – ist zu riskant – könnte in
einer Blamage enden usw.“) sind Hürden zwischen Ihnen und Ihren Zielen. Der Bautrupp, um diese Hürden in Ihrem Gehirn abzubauen, ist das Predictive Coding: Entscheiden Sie ab sofort bewusst und
diszipliniert darüber, mit welchen Sinneseindrücken und Gedanken Sie Ihr Gehirn versorgen wollen. Je mehr Sie Ihre Aufmerksamkeit von negativen, limitierenden, stressenden, frustrierenden und
beängstigenden Sinneseindrücken und Gedanken weglocken, desto stärker sind Ihre Gehirn-Modell gezwungen, sich anzupassen. Ihnen geht sozusagen der (negative) Treibstoff aus und sie müssen sich
alternative Quellen suchen. Und die können Sie Ihnen beschaffen – zehn Tipps dafür:
- Starten Sie Ihren Tag nicht mit schlechten Nachrichten oder Verschwörungs-Posts in den Social Media, sondern malen Sie sich in Ihrer Fantasie aus, welche Situationen Sie heute gut meistern
werden. Freuen Sie sich, dass Sie am Leben sind!
- Führen Sie ein gedankliches oder schriftliches Dank-Tagebuch, in das Sie möglichst oft notieren, für was Sie gerade dankbar sind.
- Kultivieren Sie schamfrei Eigenlob: Nach gelungenen Aufgaben, Situationen, Entscheidungen – sagen Sie sich selbst „Gut gemacht!“ und schenken Sie sich ein Lächeln im Spiegel.
- Beenden Sie spätestens eine Stunde vor dem Schlafengehen TV- und Smartphone-Nutzung und spulen Sie stattdessen Ihren eigenen inneren Kinofilm ab: Was war an diesem heutigen Tag gut, worauf bin
ich stolz, was hat Freude bereitet? Schwelgen Sie in positiven Erinnerungen.
- Suchen Sie im Alltag gezielt nach aufbauenden Beobachtungen. Richten Sie Ihre Filter auf das Wahre, Schöne und Gute aus – das kleine Lächeln der Sitznachbarin im Bus, der Kuss des verliebten
Pärchens im Restaurant, das Vogelgezwitscher, Ihr Gefühl beim Betreten Ihrer gemütlichen Wohnung usw.
- Wenn Sie konkrete Ziele haben: Malen Sie sich in Ihrem inneren Kinofilm aus, dass es schon so ist. Inszenieren Sie sich am Ziel Ihrer Wünsche, wie Steven Spielberg es nicht besser könnte. Man
kann ganze Meditationen aus dieser Übung machen.
- Geben Sie Ihrem inneren Schweinehund Paroli: Nach einem negativen inneren Satz („Das klappt nicht.“) sagen Sie sofort (!) innerlich „Stop!“ und dann einen aufbauenden Satz hinterher (z.B. „Ich
gehe jetzt den nächsten Schritt in die richtige Richtung.“). Machen Sie das wirklich diszipliniert, wenn nötig tausend Mal am Tag.
- Schauen Sie bewusst auf Vorbilder (echte Menschen in Ihrem Leben, aber auch Promis), die Ihrem eigenen Ziel schon nahegekommen sind. Schenken Sie diesen Vorbildern Anerkennung und Bewunderung
(nicht: Neid) – z.B. für ihren Wohlstand, sportlichen Ehrgeiz oder Mut zu einer wichtigen Entscheidung. Gönnen Sie den anderen aus vollem Herzen den Erfolg!
- Feiern Sie Etappenerfolge auf dem Weg zu Ihrem Ziel. Sagen Sie sich „Ein kleiner Schritt, klasse! Und jetzt weiter …“ statt „Das ist doch noch gar nichts, es liegt noch so viel vor mir.“
- Lernen Sie aus Rückschlägen, denn Zielerreichung ohne Misserfolge gelingt den wenigsten. Entscheidend ist, dass Sie nicht Ihr altes Gehirn-Modell füttern. Also: Nach der Ernährungs-Sünde nicht in
Selbstanklage („War eh klar, ich habe mal wieder versagt.“) verfallen, sondern den Fokus aufs Weitermachen richten („Ich habe in dieser Woche noch sechs weitere Tage, um gesund zu essen.“)
Wer mit Hilfe dieser zehn Tipps sein Gehirn konsequent mit positiven, selbst-wertschätzenden, optimistischen und zielführenden Sinneswahrnehmungen und Gedanken bestückt, wird sein „Oberstübchen“
Schritt für Schritt dazu erziehen, seine Wahrnehmungs- und Vorhersage-Modell zu ändern. Das ist die Voraussetzungen in Ihrem Inneren, damit Ziele Realität werden.